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Trifft Dreyfus' Kritik die klassische KI ?

Dreyfus' phänomenologische Kritik an der phyiscal symbol system hypothesis will aufzeigen, daß bestimmte phänomenologische Begriffe kein Pendant bei Algorithmen - bei einer künstlichen Intelligenz haben. Daraus folgert er die Unmöglichkeit einer symbolischen KI. Hierbei sei zunächst angemerkt, daß man von einer Korrespondenz zwischen den phänomenologischen Termini Heideggers und Eigenschaften von Algorithmen oder Computern bestenfalls metaphorisch sprechen kann, da Algorithmen das Bewußtsein fehlt, welches der wesentliche Gegenstand der Philosophie Heideggers ist. Im folgenden wird gezeigt, daß die Unterscheidung zwischen knowing-how und knowing-that nicht die von Dreyfus hervorgehobenen Konsequenzen impliziert. Diese lauten, daß Dreyfus' Unterscheidung

1.
eine Dichotomie zwischen menschlichen Wissensarten etabliert.
2.
nachweist, daß regelbefolgende Maschinen an dem knowing-how scheitern müssen.

Zu diesem Zweck soll zunächst eine Turingmaschine näher betrachtet werden.

  
Abbildung: Das Schema einer Turingmaschine und die zugehörige Turingtabelle.
\begin{figure}\centerline{\psfig{figure=figures/TM.ps,height=4cm}
}
\vspace{7mm}
\centerline{\psfig{figure=figures/TMtab1.ps,height=4cm}}
\end{figure}

Siehe Abbildung [*]. Die Funktionsweise der Turingmaschine ist dabei durch die zugehörige Turingtabelle definiert. Das heißt, die jeweils nächste Aktion der Turingmaschine ist abhängig von ihrem jeweiligen internen Zustand und dem Zeichen, das sich auf dem Band unter dem Schreib-/Lesekopf befindet. Abhängig von diesen beiden Komponenten bestimmt eine entsprechende Regel, die in der Turingtabelle angegeben ist, die jeweils nächste Aktion. Dazu gehört, welches Zeichen auf das Band geschrieben wird, welchen internen Zustand die Turingmaschine als Nächstes einnimmt und wie sich der Schreib-/Lesekopf auf dem Band bewegt.

Wenn man die Turingmaschine als `Black box' in ihren Aktionen beobachtet, so läßt sich feststellen, daß sie die einzelnen Zeichen auf dem Band einfach manipuliert. Ihre Aktionen geschehen einfach - ohne explizite Reflexion oder Regelanwendung. Ihr `Wissen' zeigt sich in ihrem Verhalten und ist implizit in der Struktur ihres faktischen Verhaltens enthalten. Diese Verhaltensstruktur entspricht dabei genau dem phänomenologischen Argument, das Dreyfus nur auf Menschen bezogen wissen will. Die Turingmaschine vollzieht ihre Verarbeitungsprozesse einfach, ohne einer ausdrücklichen Regelanwendung zu bedürfen. Dies geschieht gleichermaßen, wie Menschen einfach Radfahren oder die Gangschaltung eines PKW bedienen; ohne erst über irgendwelche Regeln zur Hand- oder Fußbewegung zu räsonieren.

Weiterhin läßt sich beobachten, daß sich die jeweils einfach vollziehenden Aktionen der Turingmaschine sich präzise in der jeweiligen Turingtabelle explizieren lassen !

Jedoch genügt in der Tat nicht die bloße Niederschrift der Regeln, denn diese müssen natürlich geeignet interpretiert werden. Im Falle des rein theoretischen Modells der Turingmaschine übernimmt der Mensch die Interpretation der Turingmaschinentabelle. Bei physikalischen Realisierungen einer Turingmaschine8.15 übernehmen entsprechend entworfene physikalische Prozesse die angemessene Interpretation der Turingmaschinentabelle.

Hierbei ist hervorzuheben, daß man sich bei dem `schlichten Vollzug' der Aktionen der Turingmaschine ein beliebig komplexes Verhalten vorstellen kann. Mithin kann ein beliebig komplexes `implizites Wissen' durch das schlichte Verhalten der Turingmaschine realisiert werden, wenn die Turingmaschinentabelle nur hinreichend lang ist und ein komplexes Verhalten vorschreibt. In diesem Sinn wäre das Verhalten durch ein knowing-how bestimmt - und nicht durch ein knowing-that !



 
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Achim Hoffmann
2002-07-12