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Die phänomenologische Kritik an der KI

Die Heideggersche Phänomenologie und die KI wurden durch Dreyfus' Veröffentlichung Alchemie und KI Dreyfus[Dre65] bereits in den 60er Jahren miteinander in Verbindung gebracht. Doch erst in den 80er Jahren fand diese Verbindung eine breitere Fachöffentlichkeit. Das größere Interesse in der Fachwelt ist unter anderem durch Winograds Abkehr vom traditionellen Forschungsprogramm der KI und seinem Buch Understanding Computers and Cognition WinogradFlores[WF86] zu erklären. Im wesentlichen wird von Dreyfus Dreyfus[Dre72,DD87,DD88], Winograd & Flores [WF86] und anderen die folgende Kritik an dem klassischen, dem symbolischen Ansatz der künstlichen Intelligenz angebracht:

Es wird argumentiert, daß für symbolmanipulierende Systeme Informationen8.11 bloß vorhanden sind. Maschinen müssen die Vorhandenheit einer fixierten `Welt' repräsentieren und können nur die repräsentierenden Symbole nach starren, festen Regeln manipulieren. Im Gegensatz dazu macht aber im menschlichen Denken und Handeln die Zuhandenheit den weitaus größten und wichtigsten Teil aus.8.12 Eine externe Welt wird gar nicht erst bewußt gemacht. Menschliches Wissen ist zu einem großen Teil nur implizit im menschlichen Handeln, in dessen spezifischer Struktur enthalten - und nicht symbolisch repräsentiert oder repräsentierbar, so Dreyfus.

Diese Beobachtung reduziert Dreyfus zunächst auf die Unterscheidung zwischen knowing-how    und knowing-that. Mit knowing-how ist das Handlungswissen gemeint, das sich nur in der tatsächlich durchgeführten Handlung zeigt. Dieses Wissen ist - da es sich nicht durch Symbole repräsentieren läßt - einem Formalismus auch nicht mitteilbar - so Dreyfus.

Demgegenüber steht das Wissen von der Art des knowing-that welches durch Symbole repräsentierbares Wissen meint.

Wissen über Beziehungen von Objekten in einer vorhandenen Welt. Solche Welten treten jedoch im wesentlichen nur im Falle von Heideggers Verweisungsstörungen auf und sind dementsprechend kontextabhängig. Je nach Situation wird eine andere Ontologie vorhanden.


Dreyfus behauptet also zunächst die Wesensverschiedenheit von knowing-how und knowing-that und die entsprechende Dichotomie die sich damit über den verschiendenen Arten von Wissen aufspannt.8.13

Dies mag überraschen, da Dreyfus Heideggers Sein und Zeit im wesentlichen mit Wittgensteins Spätphilosophie gleichsetzt. Dabei weist er darauf hin, daß der Ansatz der traditionellen KI eigentlich Wittgensteins Frühphilosophie aus dem Tractatus entspricht. Wittgenstein macht jedoch bereits im Tractatus auf die Unterscheidung zwischen sprachlich Beschreibbarem und nicht Beschreibbarem   aufmerksam:

Es gibt allerdings Unaussprechliches. Dies zeigt sich, es ist das Mystische.8.14

Weiterhin behauptet Dreyfus für die nicht symbolisch repräsentierbare Wissensart des knowing-how, daß sie eines nicht durch algorithmische Regeln beschreibbaren Inhaltes ist. Das Verhalten ist nur im philosophischen Sinne regelgeleitet - folgt also nur Regeln mit nicht näher bestimmbaren Ausnahmen.

Daraus schließt Dreyfus letztendlich, daß menschliches Intelligenzverhalten nicht algorithmisierbar ist - da es auch wesentlich Wissen von der nicht algorithmisch beschreibbaren Art des knowing-how involviert.

Mithin eine künstliche Intelligenz nie Leistungen hervorbringen wird, die mit menschlichen Intelligenzleistungen vergleichbar sein könnten.


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Achim Hoffmann
2002-07-12