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Verschiedene Ansätze zur Wissensrepräsentation

Traditionelle Ansätze der KI gehen von der sogenannten Wissensrepräsentationshypothese aus, wie sie Smith in Smith[Smi85]   formuliert. Dort schreibt Smith:
... any process capable of reasoning intelligently about the world must consist in part of a field of structures, of a roughly linguistic sort, which in some fashion represent whatever knowledge and beliefs the process may be said to possess ...5.10

Weiter heißt es dort:

... an internal process that `runs over' or `computes with' these representational structures ... this ingredient process is required to react only to the `form' or `shape' of these mental representations, without regard to what they mean or represent - this is the substance of the claim that computation involves formal symbol manipulation ...5.11


Dieser Ansatz folgt der sogenannten `symbol system hypothesis'   von Simon und Newell in NewellSimon[New80,NS76]. Andere Verteidiger dieses Ansatzes sind u.a. Fodor Fodor[Fod75,Fod87b], McCarthy McCarthy[McC88], Minsky Minsky[Min68,Min72,Min82,Min86] und Pylyshyn Pylyshyn[Pyl84]. Die Entwicklung des konnektionistischen Paradigmas5.12 hinterfragte diesen symbolischen Ansatz zur Theorie kognitiver Prozesse. Aus konnektionistischer Sicht wird die Hypothese, daß kognitive Aktivitäten auf formale Symbolmanipulation reduziert werden können, z.B. von Dreyfus Dreyfus[DD87], Rumelhart et al. Rumelhart[RMt86] oder Smolensky Smolensky[Smo88] angezweifelt. Weiterhin erweckten konnektionistische Theorien das breite Interesse an tieferen Ebenen von kognitiven und neuronalen Prozessen wieder zum Leben. Diese beiden Positionen sind nicht als vollkommen gegensätzliche in sich geschlossene Systeme zu sehen. Vielmehr zeigten Diskussionen in jüngerer Vergangenheit eine differenziertere Sichtweise. In Anlehnung an Rumelhart et al. Rumelhart[RMt86], Fodor und Pylyshyn FodorPylyshyn[FP88] und Smolensky Smolensky[Smo88] lassen sich die folgenden Sichtweisen zum Wissensrepräsentationsproblem unterscheiden:

1.
zusammengesetzt-symbolische Ansätze
2.
lokale nicht-zusammengesetzt-symbolische Ansätze
3.
verteilte nicht-zusammengesetzt-symbolische Ansätze
4.
kognitiv-subsymbolische Ansätze
5.
neuronal-subsymbolische Ansätze

Der erste Punkt entspricht Smiths knowledge representation hypothesis. Nach Fodor und Pylyshyn5.13 kann man sagen, daß diese Ansätze durch die Zusammensetzbarkeit der Bedeutung charakterisiert werden können. Durch syntaktische Merkmale des Repräsentationssystems lassen sich dabei atomare von zusammengesetzten Ausdrücken unterscheiden. Die zusammengesetzten Ausdrücke lassen sich aus atomaren Ausdrücken nach bestimmten syntaktischen Regeln rekursiv aufbauen. Dabei ist die Bedeutung der zusammengesetzten Ausdrücke eine Funktion seiner syntaktischen Struktur und der Bedeutung der atomaren Ausdrücke in ihnen. Hierbei läßt sich annehmen, wie beispielsweise Frixione et al. Frixione[FSG89], daß sich zu jedem derartigen System eine modelltheoretische Semantik der syntaktischen Ausdrücke angeben   läßt, etwa nach dem Vorbild der Tarskischen Semantik für die Prädikatenlogik Tarski[Tar36] oder der Kripke Modelle für intensionale Logiken Kripke[Kri59].


Die Ansätze, die unter den zweiten Punkt fallen, sind insofern symbolisch zu nennen, als daß bei ihnen jedes Element des Repräsentationssystems ein Symbol ist. Jedem Element ist eine Bedeutung zugeordnet. Diese Bedeutung ist an ein einzelnes Element gebunden und nicht über mehrere Elemente - wie im dritten der obigen Fälle - verteilt. Bei den Ansätzen des zweiten Typs kann das Zusammensetzungsprinzip aus dem folgenden Grund nicht angewendet werden: Es gibt keine syntaktischen Regeln, die komplexe Ausdrücke erzeugen können; vielmehr ist jedes Symbol in gewissem Sinn atomar. Damit kann man für diese Ansätze auch keine modelltheoretische Semantik angeben. Es sei denn in einem sehr banalen Sinn, wobei jedem Symbol ein eigenes Referenzobjekt zugeordnet wird. Lokale konnektionistische Modelle bei denen jede begriffliche Einheit durch einen eigenen Knoten des Netzwerks repräsentiert wird, sind von diesem Typ. Gerade in der fehlenden Zusammensetzbarkeit der Bedeutung sehen Fodor und Pylyshyn den charakteristischen Unterschied zwischen konnektionistischen und klassischen Ansätzen.5.14

In dem verteilten, dritten der aufgeführten Fälle, ist jede begriffliche Einheit durch ein Aktivierungsmuster mehrerer Netzwerkknoten repräsentiert. Andererseits ist auch jeder Netzwerkknoten an der Repräsentation mehrerer begrifflicher Einheiten beteiligt. Hier läßt sich jedem Knoten des Netzwerks ein eigenes `Mikromerkmal' zuordnen, aus denen sich die obengenannten begrifflichen Einheiten zusammensetzen. Solche Modelle sind zwar in gewissem Sinn subbegrifflich, jedoch nicht subsymbolisch. Begriffliche Einheiten sind über mehrere Netzwerkknoten, mithin über mehrere physikalische Einheiten verteilt, jedoch läßt sich jedem Netzwerkknoten eine eigene Bedeutung zuschreiben.5.15

Bei Modellen des vierten Punktes werden die subsymbolischen Einheiten nicht als bedeutungstragende Elemente angesehen, wie im dritten Falle die Mikromerkmale. Man spricht ihnen auch keine genaue physiologische Korrespondenz zu. Hier müssen die subsymbolischen Einheiten, also die Knoten eines Netzwerks, eher als bloße theoretische Konstrukte angesehen werden, die dazu dienen das Verhalten auf der kognitiven Beschreibungsebene zu bestimmen. Das heißt, mit formalen Mitteln - also mittels Computerprogrammen - zu berechnen.5.16 Fodor und Pylyshyn haben diesen vierten Punkt nicht betrachtet. Ihnen scheinen nur der dritte und fünfte Punkt als mögliche Alternativen in Frage zu kommen.

Unter dem fünften Punkt lassen sich die neuronalen konnektionistischen Modelle zusammenfassen. Bei solchen Netzwerken sind Repräsentationen über nicht-symbolische Einheiten verteilt, von denen man annimmt, daß ihnen genau korrespondierende anatomische und neurophysiologische Prozesse zugeordnet werden können. Fodor und Pylyshyn FodorPylyshyn[FP88] sehen solche Ansätze als unwichtig für die Betrachtung bewußter kognitiver Phänomene an, da der Fokus dieser Ansätze nur die darunterliegenden Prozesse betrifft. Darüberhinaus läßt sich über solche Modelle zwar theoretisieren, jedoch scheint die Verwirklichung solcher Modelle als sehr schwierig.

Zusammenfassend kann man sagen, daß die Modelle unter den Punkten 1. bis 3. als symbolische Ansätze gelten können, während die Modelle unter den Punkten 4. und 5. als subsymbolische Ansätze angesehen werden können. Hingegen lassen sich die Modelle unter 3. bis 5. als verteilte Modelle im Gegensatz zu den Modellen unter 1. und 2. einordnen. Letztlich können die Modelle unter 1. bis 4. als Ansätze auf der kognitiven Ebene eingestuft werden, während die Modelle unter 5. als subkognitive (physiologische) Modelle gelten können.


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Achim Hoffmann
2002-07-12