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Präzisierung der Frage nach den Grenzen

Argumentationen, die Grenzen für die KI behaupten, berufen sich primär entweder auf Problemklassen für die es erwiesenermaßen keinen allgemeinenen Lösungsalgorithmus gibt, z.B. für das Entscheidungsproblem der Prädikatenlogik erster Stufe.10.14  

Oder aber sie behaupten, menschliche Intelligenz würde zumindest gelegentlich von jedem beliebigen Regelschema abweichen; dafür wurden häufig bestimmte kreative Leistungen als Beispiele angegeben.

Die erste Art von Argumenten hat Schwierigkeiten nachzuweisen, daß die Unzulänglichkeiten von Algorithmen nicht gleichermaßen auch auf menschliche Intelligenz zutreffen.

Bei der zweiten Art von Argumenten könnte eine präzisere Fassung wie folgt aussehen:

Für einen gegebenen Algorithmus A oder eine Klasse von Algorithmen von dem/der Intelligenz behauptet wird, läßt sich eine Aufgabe angeben, die von menschlicher Intelligenz besser, bzw. überhaupt erst angemessen, behandelt wird.

Auf der anderen Seite wird für die unbegrenzten Möglichkeiten der KI argumentiert, daß jedes geforderte Verhalten - auch beliebige Ausnahmefälle - von einem entsprechend entworfenen Algorithmus gezeigt werden kann.

Die eine Seite sucht zu einem gegebenen Algorithmus eine Intelligenzleistung, die er nicht leisten kann, während die andere Seite zu einer gegebenen Intelligenzleistung einen Algorithmus angibt.

Solange man die Klasse von zu betrachtenden Algorithmen nicht näher einschränkt, sondern beliebige Algorithmen zuläßt, scheint die Diskussion ziemlich fruchtlos, da die Frage unpräzise gestellt ist.

Durch den Begriff der Kolmogoroffkomplexität zur Differenzierung des Diskussionsgegenstandes läßt sich die fruchtlose Streitfrage zu eine sinnvolle Frage wie folgt reformulieren.10.15

Kann eine spezifische Klasse von Aufgaben A durch ein Programm Pgelöst werden, das höchstens von der Länge l ist ?10.16

Erst nach dieser Präzisierung erhält eine solche Fragestellung - zumindest solange sie auf endliche Strukturen bezogen ist - wirklichen Sinn. Ob der menschliche Geist `wirklich' unendliche Strukturen von unendlicher Kolmogoroffkomplexität hervorzubringen vermag, muß wohl immer in den Bereich der Spekulationen verwiesen werden. Endliche Strukturen - zum Beispiel die symbolische Beschreibung endlich vieler kreativer Akte - sind jedenfalls immer von endlicher Kolmogoroffkomplexität und damit auch algorithmisch beschreibbar. Und solche endlichen Strukturen scheinen die einzigen Strukturen zu sein, deren menschlichen Ursprung man empirisch belegen kann bzw. jemals belegen können wird. Daher begnügte Turing sich auch mit seinem Testkriterium.


In der Praxis sind ohenhin nicht nur Systeme interessant und wertvoll, die die Intelligenzleistung eines beliebigen Menschen in jeder Hinsicht übertreffen oder zumindest ebenbürtig sind. Vielmehr genügt es häufig, wenn intelligente Systeme den Leistungen von vielen Menschen ebenbürtig sind, oder lediglich menschlichen Intelligenzleistungen unterstützen und zu diesem Zweck Routineaufgaben übernehmen.


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Achim Hoffmann
2002-07-12